Veröffentlicht am März 15, 2024

Angesichts der um 83% gestiegenen LKW-Maut und volatiler Dieselpreise ist der Schienengüterverkehr keine reine Umweltentscheidung mehr, sondern ein Hebel zur Stabilisierung Ihrer Logistikkosten.

  • Wirtschaftlich rentabel wird die Bahn oft schon ab 400 km, da ihre Kostenstruktur weniger von Maut und Kraftstoff abhängt.
  • Unternehmen ohne direkten Gleisanschluss nutzen erfolgreich Kombinierte Verkehre (KV) über nahegelegene Terminals.
  • Risiken wie Streiks sind durch die strategische Diversifizierung auf über 400 private Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) beherrschbar.

Empfehlung: Starten Sie ein Pilotprojekt, indem Sie die Gesamtkosten (TCO) für eine Ihrer Hauptrelationen über 500 km zwischen LKW und Bahn detailliert vergleichen.

Die Entscheidung für oder gegen eine Verlagerung von Transporten auf die Schiene wird in vielen Chefetagen immer noch von alten Vorurteilen bestimmt. Der LKW gilt als flexibel und schnell, die Bahn als langsam, starr und nur für Konzerne mit eigenem Gleisanschluss geeignet. Doch die Rahmenbedingungen haben sich dramatisch verändert. Die CO2-basierte LKW-Maut, volatile Energiepreise und der anhaltende Fahrermangel stellen die alleinige Abhängigkeit vom Straßengüterverkehr zunehmend infrage.

Für Logistikleiter in produzierenden Unternehmen ist es an der Zeit, die Gleichung neu aufzustellen. Es geht nicht mehr um einen ideologischen Kampf zwischen Straße und Schiene, sondern um eine kühle, betriebswirtschaftliche Kalkulation. Die vermeintlichen Nachteile des Schienengüterverkehrs – längere Laufzeiten, fehlende Gleisanschlüsse oder die Gefahr von Streiks – sind keine unüberwindbaren Hindernisse mehr. Vielmehr sind es strategische Parameter, die sich durch präzise Planung, moderne Technologien und intelligente Partnerschaften nicht nur managen, sondern oft in einen Wettbewerbsvorteil verwandeln lassen.

Die Frage ist also nicht mehr *ob*, sondern *wie* sich die Schiene intelligent in Ihre bestehende Logistikkette integrieren lässt. Anstatt die Debatte auf allgemeine Vor- und Nachteile zu reduzieren, müssen konkrete, operative Fragen beantwortet werden. Dieser Artikel dient als objektiver Leitfaden für diese Entscheidung und beleuchtet die kritischen Aspekte, die Sie für eine fundierte Analyse benötigen.

Um Ihnen eine klare Struktur für Ihre strategische Bewertung zu bieten, analysieren wir die acht wichtigsten operativen Fragen, die sich jeder Logistikentscheider vor einer möglichen Verkehrsverlagerung stellen sollte.

Warum dauert der Bahntransport länger und wie planen Sie diesen Puffer ein?

Die längere Transitzeit ist oft das erste Gegenargument. Ein LKW kann direkt von A nach B fahren, während ein Güterzug aus vielen einzelnen Waggons zusammengestellt, auf seiner Route rangiert und am Zielort wieder zerlegt werden muss. Dieser Prozess, insbesondere im Einzelwagenverkehr, führt zu einer durchschnittlich 24 bis 48 Stunden längeren Laufzeit im Vergleich zum direkten LKW-Transport. Dieser Puffer ist jedoch kein unkontrollierbarer Faktor, sondern eine planbare Größe.

Der Schlüssel zur Integration dieser längeren Laufzeiten liegt in der Anpassung der eigenen Supply-Chain-Prozesse. Anstatt auf Just-in-Time (JIT) zu setzen, erfordert die Bahn eine Umstellung auf eine Just-in-Case- oder pufferbasierte Bestandsstrategie. Für viele produzierende Unternehmen ist dies eine Chance, ihre Produktionsplanung zu verstetigen und sich von der Hektik kurzfristiger Lieferungen zu lösen. Moderne digitale Lösungen bieten hierbei entscheidende Unterstützung.

Moderne Kontrollzentrale mit digitalen Tracking-Systemen für Güterzüge

Die Zeiten, in denen ein Waggon nach Abfahrt im „Nirwana“ verschwand, sind vorbei. Digitale Tracking-Systeme ermöglichen heute eine Echtzeit-Verfolgung der Fracht und liefern präzise Ankunftszeitprognosen (ETA). Diese Transparenz erlaubt es Logistikleitern, den Puffer aktiv zu managen und die nachgelagerten Prozesse exakt zu takten. Die längere, aber zuverlässig planbare Laufzeit der Bahn wird so zu einem stabilen Element in der Lieferkette.

Ab welcher Distanz ist die Bahn billiger als der LKW?

Die wirtschaftliche Attraktivität der Schiene hat sich mit der Einführung der neuen LKW-Maut fundamental verändert. Seit Dezember 2023 beträgt der neue CO2-Aufschlag in der deutschen LKW-Maut 200 Euro pro Tonne CO2, was die Kosten für den Straßentransport erheblich verteuert hat. Im Gegensatz dazu sind die Kosten im Schienenverkehr stabiler, da sie weniger von Maut und volatilen Kraftstoffpreisen beeinflusst werden. Die kritische Frage ist: Wo liegt der Break-even-Point?

Analysen zeigen, dass der Kostenvorteil der Bahn mit zunehmender Distanz signifikant wächst. Während der LKW auf kurzen Strecken aufgrund geringerer Fixkosten für Vor- und Nachlauf oft günstiger ist, kehrt sich das Verhältnis meist auf der Mittel- und Langstrecke um. Der Kostenvorteil der Bahn ergibt sich aus Skaleneffekten: Ein Zug transportiert die Ladung von bis zu 52 LKW und hat einen deutlich geringeren Energieverbrauch pro Tonnenkilometer. Die folgende Tabelle, basierend auf Kalkulationen nach der Mauterhöhung, verdeutlicht diesen Wendepunkt.

Kostenvergleich LKW vs. Bahn nach neuer Maut 2024
Distanz LKW-Kosten (Euro-6, CO2-Klasse 1) Bahnkosten (Ganzzug) Kostenvorteil
200 km 312 EUR 380 EUR LKW +22%
400 km 624 EUR 590 EUR Bahn +5%
600 km 936 EUR 780 EUR Bahn +17%
800 km 1248 EUR 960 EUR Bahn +23%

Der eigentliche strategische Vorteil liegt jedoch in der Preisstabilität. Während Dieselzuschläge im Straßentransport zu monatlich schwankenden Frachtraten führen, bieten Bahnoperateure oft langfristige Festpreisverträge über 12 bis 24 Monate. Wie die JDC Logistik-Analyse zur Mauterhöhung zeigt, führt die Instabilität auf der Straße zu jährlichen Mehrkosten von 7,62 Mrd. Euro für die deutsche Wirtschaft. Die Schiene ermöglicht hingegen eine verlässliche Budgetplanung und schützt Unternehmen vor unkalkulierbaren Preisschwankungen.

Was tun, wenn Ihr Lager keinen Gleisanschluss hat?

Der Mythos, dass Schienengüterverkehr nur für Unternehmen mit eigenem Gleisanschluss realisierbar ist, ist der größte Hemmschuh für die Verkehrswende. Die Realität ist der Kombinierte Verkehr (KV), ein System, das die Stärken beider Verkehrsträger intelligent verbindet: die Flexibilität des LKW für die „erste und letzte Meile“ und die Effizienz der Bahn für den Hauptlauf auf der Langstrecke. Das Rückgrat dieses Systems sind die über 130 KV-Terminals in Deutschland, an denen Ladeeinheiten wie Container oder Wechselbrücken schnell zwischen LKW und Zug umgeschlagen werden.

Für ein produzierendes Unternehmen ohne Gleisanschluss ist der Prozess einfach: Ein LKW holt die beladene Wechselbrücke an Ihrem Werk ab, fährt sie zum nächstgelegenen KV-Terminal (meist in einem Radius von 50-150 km) und setzt sie dort ab. Ein Kran hebt die Einheit auf einen Güterwaggon, der sie über die Langstrecke zum Zielterminal transportiert. Dort übernimmt wieder ein LKW die Zustellung auf der letzten Meile. Dieser nahtlose Prozess ist heute Standard und wird von spezialisierten Operateuren wie Kombiverkehr KG, HUPAC oder Contargo gemanagt.

Umschlag von Wechselbrücken im KV-Terminal zwischen LKW und Bahn

Dieser Sektor ist keine Nische, sondern die Zukunft der Logistik. Prognosen gehen davon aus, dass das Güterverkehrsaufkommen im Kombinierten Verkehr bis 2030 um 80% wachsen wird. Für Logistikleiter bedeutet das: Der Einstieg in den KV ist nicht nur eine Option, sondern eine strategische Notwendigkeit, um zukunftsfähig zu bleiben. Der folgende Leitfaden zeigt die ersten praktischen Schritte.

Ihr Fahrplan für den Einstieg in den Kombinierten Verkehr

  1. Terminal-Identifikation: Finden Sie das nächstgelegene KV-Terminal über die Online-Tools der DUSS (Deutsche Umschlaggesellschaft Schiene-Straße) oder der Kombiverkehr KG.
  2. Kostenkalkulation (Vor-/Nachlauf): Berechnen Sie die LKW-Kosten für die Strecke von Ihrem Standort zum Terminal. Dies ist ein entscheidender Kostenblock in der Gesamtkalkulation.
  3. Vergleich der Umschlagkosten: Holen Sie die Terminal Handling Charges (THC) verschiedener Operateure ein. Diese liegen typischerweise zwischen 35 und 65 Euro pro Ladeeinheit.
  4. Angebote einholen: Fordern Sie für Ihre Hauptrelationen Angebote von mindestens drei KV-Operateuren an, um Preise und Servicelevels zu vergleichen.
  5. Pilotprojekt starten: Beginnen Sie mit einem Testlauf auf einer unkritischen, aber regelmäßigen Relation mit einer Distanz von mindestens 500 km, um Erfahrungen zu sammeln.

Wie nutzen Sie Wechselbrücken für die nahtlose Kette Straße-Schiene?

Wechselbrücken, auch Wechselaufbauten genannt, sind das Herzstück des europäischen Kombinierten Verkehrs. Sie sind im Grunde Container ohne eigenes Fahrgestell, die sowohl auf ein LKW-Chassis als auch auf einen Güterwaggon passen. Ihre Standardisierung ist der Schlüssel zur Effizienz der gesamten Logistikkette. Dank genormter Eckbeschläge (Twistlocks) können sie in Terminals binnen weniger Minuten von einem Verkehrsträger auf den anderen umgeschlagen werden. Diese Flexibilität macht die Waggons universell einsetzbar, unabhängig von der spezifischen Ladung.

Für Logistikleiter bedeutet der Einsatz von Wechselbrücken eine deutliche operative Vereinfachung. Der Beladeprozess im eigenen Werk ändert sich kaum: Die Wechselbrücke wird wie ein normaler LKW-Auflieger an die Laderampe gestellt und beladen. Der Unterschied liegt darin, was nach der Abholung passiert. Anstatt dass ein Fahrer die gesamte Strecke zurücklegt, wird nur die Ladeeinheit auf die Reise geschickt. Dies entkoppelt den teuren und knappen Faktor „Fahrer“ und „Zugmaschine“ vom reinen Transportprozess auf der Langstrecke.

Die Wahl der richtigen Wechselbrücke hängt vom Transportgut ab. Verschiedene Typen bieten optimierte Lösungen für unterschiedliche Anforderungen an Volumen, Gewicht und Handhabung. Eine genaue Kenntnis der verfügbaren Standards ist für die Planung unerlässlich.

Vergleich der gängigsten Wechselbrücken-Typen in Deutschland
Typ Ladekapazität Kranbarkeit Einsatzbereich
C715 7,15m Länge Nicht kranbar Nahverkehr, Stückgut
C745 7,45m Länge Kranbar Fernverkehr, schwere Güter
C782 7,82m Länge Kranbar Volumenoptimiert

Durch die Nutzung dieser standardisierten Einheiten wird die logistische Kette modular. Sie können Ihre Flotte an Wechselbrücken unabhängig von der Verfügbarkeit von LKW oder Zügen planen und disponieren. Diese operative Flexibilität ist ein oft unterschätzter, aber wesentlicher Vorteil der systemischen Integration von Straße und Schiene.

Was passiert mit Ihrer Ware, wenn die Lokführer streiken?

Das Risiko von Streiks, insbesondere bei der Deutschen Bahn, ist eine berechtigte Sorge für jeden Logistiker. Eine Unterbrechung der Lieferkette kann teuer werden. Dieses Risiko jedoch als K.-o.-Kriterium gegen die Schiene zu werten, wäre eine Fehleinschätzung der heutigen Marktstruktur. Die Lösung liegt in einem der fundamentalsten Prinzipien des Risikomanagements: Diversifikation.

Der deutsche Schienengüterverkehr ist längst kein Monopol mehr. Private Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) haben sich zu einer starken Kraft entwickelt. Mittlerweile haben private Eisenbahnverkehrsunternehmen über 40% Marktanteil im deutschen Güterverkehr erreicht. Viele dieser privaten Anbieter, wie SBB Cargo, Lineas oder Captrain, haben eigene Tarifverträge und sind von Streiks der GDL bei der Deutschen Bahn oft nicht direkt betroffen. Ein Logistikleiter, der seine Volumen auf mehrere EVUs verteilt, reduziert sein Ausfallrisiko erheblich.

Eine proaktive Risikostrategie ist unerlässlich, um die Resilienz der eigenen Lieferkette zu gewährleisten. Anstatt bei einem angekündigten Streik in Panik zu verfallen, sollten vordefinierte Maßnahmen greifen. Dazu gehören:

  • Aufbau eines Multi-EVU-Portfolios: Verteilen Sie Ihre Transportvolumen strategisch auf mindestens zwei bis drei verschiedene Bahnoperateure, um Abhängigkeiten zu reduzieren.
  • Backup-Vereinbarungen mit LKW-Spediteuren: Halten Sie Rahmenverträge mit Straßenspeditionen für den Notfall bereit, um kurzfristig etwa 10-15% Ihres Volumens für zeitkritische Sendungen auf den LKW zurückverlagern zu können.
  • Nutzung DB-unabhängiger Operateure: Priorisieren Sie für kritische Güter gezielt private Güterbahnen, die nicht an die Tarifverträge der GDL gebunden sind.
  • Implementierung eines Frühwarnsystems: Arbeitskampfmaßnahmen werden in der Regel mit einem Vorlauf von 48 Stunden angekündigt. Nutzen Sie diese Zeit, um proaktiv umzudisponieren.
  • Strategische Pufferbestände: Erhöhen Sie die Sicherheitsbestände für A-Teile um eine Reichweite von zusätzlichen 3-5 Tagen, um kurzfristige Ausfälle abfedern zu können.

Wie berechnen Sie den Dieselzuschlag fair und transparent für Ihre Kunden?

Die ehrlichste Antwort lautet: gar nicht. Der Wechsel auf die Schiene bietet die strategische Chance, sich und Ihre Kunden von der volatilen und intransparenten Praxis der Diesel- und Mautzuschläge zu befreien. Während im Straßentransport die Kosten monatlich schwanken und über komplexe Klauseln an den Kunden weitergegeben werden müssen, ermöglicht der Schienengüterverkehr eine feste und planbare Kostenstruktur. Dies wird zu einem immer wichtigeren Wettbewerbsvorteil.

Die Grundlage dafür ist die überlegene Energieeffizienz der Bahn. Ein Güterzug benötigt weniger als ein Drittel des Energieverbrauchs pro Tonnenkilometer im Vergleich zum LKW. Diese Effizienz, gekoppelt mit dem Einsatz von zunehmend aus erneuerbaren Quellen stammendem Bahnstrom, entkoppelt die Transportkosten von den Schwankungen der fossilen Energiemärkte. Anstatt variable Zuschläge zu berechnen, können Sie Ihren Kunden eine feste Frachtrate über einen langen Zeitraum garantieren.

Diese Kostentransparenz ist ein starkes Verkaufsargument. Wie die SVG-Analyse zeigt, hat die Mautpflicht seit Juli 2024 auch für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen die Komplexität und die Kosten auf der Straße weiter erhöht. Die CO2-Emissionsklassen-Einteilung macht die Zusatzkosten zwar transparent, aber nicht niedriger. Unternehmen, die auf die Schiene umgestiegen sind, können ihren Kunden eine klare Alternative bieten: einen stabilen Preis, der nicht von politischen Entscheidungen oder globalen Krisen beeinflusst wird. Sie verkaufen nicht nur einen Transport, sondern Budgetsicherheit und Planbarkeit.

Wie viele Binnentransporte darf Ihr Fahrer im Ausland wirklich durchführen?

Diese Frage ist für international agierende Unternehmen ein permanenter Quell der Unsicherheit. Die Kabotage-Regelungen des EU-Mobilitätspakets I sind komplex und streng: Nach einer grenzüberschreitenden Lieferung darf ein LKW innerhalb von sieben Tagen maximal drei Binnentransporte (Kabotagefahrten) in diesem EU-Land durchführen, bevor er es wieder verlassen muss. Verstöße werden mit hohen Strafen geahndet und führen zu erheblichem administrativem Aufwand.

Hier bietet der Schienengüterverkehr einen oft übersehenen, aber entscheidenden regulatorischen Vorteil: Im reinen Schienengüterverkehr entfallen die Kabotage-Beschränkungen komplett. Ein Bahnoperateur kann unbegrenzt grenzüberschreitende und nationale Transporte innerhalb der EU durchführen, ohne sich um die komplizierten 7-Tage-Fristen oder die maximale Anzahl an Fahrten kümmern zu müssen. Dies reduziert das Risiko von Bußgeldern und den administrativen Aufwand auf null.

Studie zur operativen Vereinfachung: Internationale Transporte ohne Kabotage

Die strategische Neuausrichtung der SBB Cargo auf den kombinierten Verkehr unterstreicht diesen Vorteil. Während LKW-Fahrer ihre Touren exakt planen müssen, um nicht gegen die Kabotage-Regeln zu verstoßen, können im KV-System Züge flexibel nationale und internationale Ladeeinheiten kombinieren. Ein Zug von Deutschland nach Italien kann in der Schweiz Einheiten aufnehmen und absetzen, ohne dass dies als komplexe Kabotagefahrt zählt. Dies ermöglicht eine deutlich höhere Auslastung der Züge und eine flexiblere Netzwerkplanung, was letztendlich zu stabileren Preisen für den Verlader führt.

Die Verlagerung auf die Schiene ist somit auch eine Strategie zur Risikominimierung im internationalen Geschäft. Es ist jedoch wichtig, die Gesamtsituation realistisch zu bewerten. Wie Experten betonen, ist die Kapazität auf der Schiene nicht unbegrenzt. In einer Anhörung zur Mautreform im Bundestag warnte der renommierte Verkehrswissenschaftler Prof. Matthias Knauff:

Eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene setzt entsprechende Transportkapazitäten voraus, der Einsatz emissionsfreier Lkw deren Marktverfügbarkeit. Beides ist derzeit nur sehr eingeschränkt gegeben.

– Prof. Matthias Knauff, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Bundestag-Anhörung 2023

Diese Aussage unterstreicht die Notwendigkeit einer langfristigen und partnerschaftlichen Planung mit den Bahnoperateuren, um sich die benötigten Kapazitäten zu sichern.

Das Wichtigste in Kürze

  • Wirtschaftlicher Wendepunkt: Die Schiene wird durch die neue LKW-Maut bereits ab ca. 400 km Distanz oft kostengünstiger als der LKW.
  • Kein Gleisanschluss nötig: Der Kombinierte Verkehr (KV) über Terminals ist die Standardlösung für 99% der Unternehmen und ermöglicht eine nahtlose Tür-zu-Tür-Logistik.
  • Risikomanagement ist planbar: Die Abhängigkeit von einem Anbieter und die Angst vor Streiks werden durch die Diversifizierung auf über 400 private Bahnoperateure minimiert.

Wie sichern Sie sich feste Slots auf überlasteten Hauptstrecken für Ihre Güter?

Die Verlagerung auf die Schiene ist eine strategische Langzeitentscheidung, keine kurzfristige Ad-hoc-Lösung. Während man einen LKW oft noch für den nächsten Tag buchen kann, erfordert der Schienenverkehr eine vorausschauende Planung, insbesondere auf stark frequentierten Korridoren wie der Rheinschiene. Die Kapazität auf dem Netz, die sogenannten Trassen oder „Slots“, ist begrenzt. Wer hier zuverlässig planen will, muss sich aktiv um seine Kapazitäten kümmern.

Der Schlüssel liegt in der Bündelung von Volumen und langfristigen Partnerschaften. Bahnoperateure priorisieren Kunden, die regelmäßige und planbare Mengen anmelden. Anstatt viele Einzelbuchungen zu tätigen, ist es strategisch klüger, Sendungen zu bündeln und als regelmäßigen Ganzzug- oder Wagengruppenverkehr anzumelden. Dies erhöht nicht nur die Verhandlungsmacht, sondern sichert auch einen priorisierten Zugang zu den begehrten Trassen. Der Bund unterstützt die Modernisierung der Infrastruktur aktiv, so hat er seit 2020 bereits 116,44 Millionen Euro für 33 Vorhaben im Rahmen des Programms „Zukunft Schienengüterverkehr“ investiert.

Um sich feste Kapazitäten zu sichern, sollten Logistikleiter eine proaktive Strategie verfolgen:

  • Frühzeitige Bedarfsanmeldung: Melden Sie Ihren Kapazitätsbedarf für den Jahresnetzfahrplan an. Die Deadline dafür ist oft schon im April des Vorjahres.
  • Abschluss von Rahmenverträgen: Schließen Sie Verträge mit einer Laufzeit von mindestens zwei bis drei Jahren mit Ihren ausgewählten EVUs oder KV-Operateuren ab.
  • Prüfung alternativer Routen: Analysieren Sie, ob Ihre Relationen auch über weniger überlastete Korridore, zum Beispiel durch Mitteldeutschland, abgewickelt werden können.
  • Nutzung von Nachtverkehren: Prüfen Sie die Möglichkeit von Transporten in den Nachtstunden (22-6 Uhr). Hier ist die Trassenverfügbarkeit oft besser und die Preise sind günstiger.

Die Sicherung von Transportkapazität wird in Zukunft ein entscheidender Wettbewerbsfaktor sein. Wer jetzt beginnt, strategische Partnerschaften im Schienenverkehr aufzubauen, sichert sich die Logistikoptionen von morgen.

Der Wechsel von der Straße auf die Schiene ist ein tiefgreifender Prozess, der eine detaillierte Analyse erfordert. Um diese strategische Option in einen konkreten Wettbewerbsvorteil zu verwandeln, besteht der nächste logische Schritt darin, eine präzise Kosten-Nutzen-Analyse für eine Ihrer Schlüsselrelationen durchzuführen. Beginnen Sie noch heute mit der Datenerhebung, um eine fundierte Entscheidung für die Zukunft Ihrer Logistik zu treffen.

Geschrieben von Thomas Kowalski, Senior Fuhrparkmanager und Speditionskaufmann mit 25 Jahren Erfahrung in der internationalen Logistik und Schwerlastverkehr. Experte für LKW-Technik, Transportrecht und Flotteneffizienz.